„Aware of us?“ – Antidiskriminierung in Fußballstadien: gemeinsame Veranstaltung der FES und KoFaS in Berlin

Am 25.Mai 2022 diskutierten rund 40 Teilnehmende in Berlin bei der Friedrich-Ebert-Stiftung vor Ort und knapp 35 Personen digital über Awareness-Ansätze im Fußball.

Katharin Ahrend von der Berliner Club Commission zeichnete dafür die Geschichte von Awareness aus der 2. Frauenbewegung über linke Szenen bis in die aktuelle Club-Kultur nach. Es gehe bei Awareness um Achtsamkeit, Schutz und einen besonderen, parteilichen Blick auf Betroffene von sexualisierter Gewalt, Diskriminierung und Ausschlüssen – nicht nur in der Intervention, sondern auch in der Prävention. Katharin Ahrend: „Awareness ist eine Haltung. Wir müssen Verantwortung übernehmen. Grenzen wahren und Positionierungen überdenken.“

Die Frage der Verantwortungsübernahme sei auch im Fußball groß, so Paula Scholz vom Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg und dem Netzwerk gegen Sexismus und sexualisierte Gewalt im Fußball in ihrem anschließenden Input. Häufig hieße es, Vorfälle von sexualisierter Gewalt o.ä. seien nur Einzelfälle und wenn eher bei der An- und Abreise ein Thema, nicht unbedingt im Stadion. Verantwortliche fragen sich, ob es dafür so viel Arbeit brauche, ob sich das lohne und wie viele Menschen das eigentlich betreffe. Paula Scholz` Antwort: „Sprecht mit euren Frauen, People of Colour, queeren Menschen – und ich verspreche euch, sie werden sagen: es lohnt sich!“

Moderatorin Alina Schwermer von der taz erörterte dazu in der folgenden Runde verschiedene Awareness-Ansätze im Fußball mit Laura Bureck (Präventionsbeauftragte der Akademinia und Mitarbeiterin der „Sicheren Burg“ von Arminia Bielefeld), Falk Werner (Fan und Netzwerk gegen Sexismus und sexualisierte Gewalt) und Daniela Wurbs (KickIn! Beratungsstelle für Inklusion & Vielfalt im Fußball). „Die Vereine unterschätzen ihre Wirkung auf das breite Publikum. Sie haben eine große gesellschaftliche Verantwortung“, so Wurbs. Doch die verschiedenen Ebenen des Fußballs werden dabei oft nicht zusammen gedacht. Häufig hieße es „Wir sind doch hier im Fußball – stell dich nicht so an!“, so Laura Bureck, „und dann muss ich immer wieder die Nervige sein, die das Thema setzt.“ Machtverhältnisse in Clubstrukturen und Fanszenen erschweren oft die Arbeit an den Standorten zu Anlaufstellen und co. Doch das schrecke die Aktiven nicht ab. Das Verständnis für den Perspektivwechsel sei noch nicht so da. Doch: steter Tropfen höhlt den Stein!

Wer den gesamten Abend noch einmal nachverfolgen möchte, findet einen Livestream-Mitschnitt der FES unter: https://youtube.com/watch?v=sLclKuZt1L0&feature=share

Wer sich über den aktuellen Stand der Awareness-Ansätze und Anlaufstellen im Fußball informieren möchte, findet eine Übersicht unter: https://www.fussball-gegen-sexismus.de/anlaufstellen-fuer-betroffene-von-diskriminierung-im-fussball/

Wer konkrete Tipps zur Umsetzung vor Ort sucht, findet diese im Handlungskonzept der Netzwerkes unter: https://www.fussball-gegen-sexismus.de/wp-content/uploads/2019/12/Broschüre_Handlungskonzept_Auflage_3.pdf

 
 
 
 
 

Plattform 'SprachKick' ist online!

Gestern ist die Online-Plattform ‘SprachKick’ an den Start gegangen! Das Gemeinschaftsprojekt von Aktion Mensch, DFB und der Fachberatungsstelle KickIn! widmet sich dem Thema diskriminierungsfreier Sprache im Fußball. Dabei gibt es ganz konkrete Formulierungshilfen und Ideen, wie Dinge respektvoll und frei von Diskriminierung gesagt werden können.

Wir finden, das ist eine Bereicherung für den Fußball und freuen uns sehr, dass wir an der ein oder anderen Stelle mitgearbeitet haben.

Hinweis: Veranstaltungsreihe 'Nachspielzeit'

Die Gedenkstätte Ahlem führt gemeinsam mit der Region Hannover und dem Fußballverein SV Arminia Hannover die Veranstaltungsreihe “Nachspielzeit” durch.

In fünf Veranstaltungen wird in den kommenden Monaten über die gesellschaftspolitische Dimensions des Profimännerfußballs diskutiert, Bücher vorgestellt und das Großereignis WM in Katar in den Blick genommen.

Wir freuen uns besonders auf das Gespräch am 29. September hinweisen zu dürfen. Unsere Kollegin Almut Sülzle wird im Gespräch mit Mara Pfeiffer und Sonja Riegel darüber diskutieren, wie das Fußballstadion diverser und inklusiver werden kann. Alle Informationen sind hier zu finden (Link).

#IhrKönntAufUnsZählen! Und nun? Diskussionsabend zur Rolle der Medien im Umgang mit Homophobie im Fußball

Bietet der (Profi)Fußball wirklich einen sicheren Raum, wenn sich ein Spieler als schwul outen will, nur weil es die o.g. Medienkampagne des Magazins 11FREUNDE gab, sowie einen 12-Seiten Artikel zum Thema im kicker?

Diese und andere Fragen diskutierten Tim Jürgens (stell. Chefredakteur 11FREUNDE), Jörg Jakob (Mitglied der Chefredaktion kicker), Nicole Selmer (Chefredakteurin ballesterer) und Manuela Kay (Herausgeberin L-Mag und Siegessäule) am 7. September 2021 bei der Kooperationsveranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung und KoFaS (im Rahmen des DL-Projekts „Vielfalt im Stadion“) in Berlin. 35 Gäste durften den Abend in Präsenz verfolgen, 120 Personen waren digital im Livestream zugeschaltet.

Moderiert wurde die sehr kontroverse Runde von Mara Pfeiffer.

Der Journalist und Autor Ronny Blaschke hielt einen Impuls-Vortrag und stellte fest: „Wir brauchen solche Aktionen. Das war beispiellos und entwickelte auch durch die Sozialen Medien eine enorme Strahlkraft. Aber müssen die schwulen Fußballer wirklich den Fußball modernisieren? Oder sind es nicht wir, die Sportjournalist*innen, die nicht diskriminiert werden und mehr Privilegien besitzen, die etwas tun können?“ Kritisch fragte er, ob die Redaktionen vielleicht auch eine Quote bräuchten, ob sie reflektieren, wie sie über Spielerfrauen sprechen und ob wirklich die einzige Kollegin im Team nur über Frauenfußball berichten müsse.

Nicole Selmer dazu: „Wir überlegen schon, wie wir Frauen sichtbarer machen können z.B. als Expert*innen, dann aber nicht für Frauenthemen.“ Alfonso Pantisano vom Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverband brachte die gesellschaftliche Verantwortung des Fußballs mit ins Spiel und betonte: „Jede Kampagne, die solidarisch ist, ist zu begrüßen. Wir haben auch bei der Euro viele Regenbogenflaggen gesehen. Das macht Mut. Aber das war auch nur kurzfristig. Mir fehlt die Nachhaltigkeit. Wie reagieren wir bei einem homofeindlichen Witz? Wie reagieren wir, wenn eine Trans*Frau nachts angegriffen wird?“ Pantisano mahnte weiter: „Ich sehe aktuell eher eine Rückwärtsentwicklung, wenn wir von „Gender-Gaga“ in der Debatte reden. Auch zur WM in Katar bräuchte man unter jedem Artikel ein Warnhinweise zu Menschenrechten.“

Jörg Jakob versprach: „Unter jeden Artikel schaffen wir das nicht, aber zu den entsprechenden Leitartikeln!“ Jakob müsse dabei auch immer an die kicker-Leser*innen denken und sie nicht überfordern: „Wir arbeiten an Sprache, aber nicht übereilt.“

Einen kleinen Einblick, wie die Diversität in deutschen Sportmedien derzeit aussieht, zeigte Tim Jürgens. Beim 11FREUNDE-Magazin arbeitet aktuell keine Frau in der Redaktion. Jürgens: „Es bewerben sich aber auch zu wenig Frauen. Selbst mit einer Quote würde das schwierig werden. Dabei haben wir eine offene Tür für Praktikant*innen.“ Manuela Kay schlug vor, eine Stellenanzeige in der Siegessäule zu schalten, um damit ein Zeichen zu setzen. So lange man nicht divers aufgestellt sei, müsse man sich positionieren.

#IhrKönntAufUnsZählen – das Interesse, an einer eindeutigen Position gegen Homofeindlichkeit im Fußball ist groß, auch in den deutschen Sportmedien. In der nächsten Zeit wird sich zeigen, wie umfassend und nachhaltig Veränderungsprozesse (angestoßen) werden... 

 KoFaS bleibt für Sie/euch am Ball!

 
In kontroverser Diskussion: Manuela Kay (L-Mag, Siegessäule, v.l.), Nicole Selmer (ballesterer), Mara Pfeiffer (Sportjournalistin und Moderatorin), Jörg Jakob (kicker) und Tim Jürgens (11FREUNDE). (Fotos: fws)

In kontroverser Diskussion: Manuela Kay (L-Mag, Siegessäule, v.l.), Nicole Selmer (ballesterer), Mara Pfeiffer (Sportjournalistin und Moderatorin), Jörg Jakob (kicker) und Tim Jürgens (11FREUNDE). (Fotos: fws)